Chinesische Taxifahrer sind eine Spezies für sich. So auch die Taxifahrer in Peking. Sie kennen keine Anschriften und orientieren sich scheinbar grob am Stand der Sonne. Das fängt schon am Flughafen an. Vergessen Sie bitte den Satz: Ich nehme am Flughafen ein Taxi und komme dann zu dir. Probieren sollte man es trotzdem. Sich ins Abenteuer stürzen! Es lohnt sich. Nur für zarte Gemüter ist das nichts.
Die Pekinger Taxifahrer sprechen oft kein Englisch. Und haben auch Probleme damit, das, was sie in Lautschrift auf einem Zettel womöglich noch handschriftlich gekritzelt haben, zu entziffern. Auch Apps mit chinesischen Schriftzeichen sind so ein Problem. Sie werden erst Mal minutenlang studiert. Dann kommen Nachfragen, die man nicht versteht. Auch die Sprachversion der App hilft nichts, da die dann wieder nicht den richtigen Ton trifft und der Fahrer nur Bahnhof versteht.
Da hilft es schon, wenn man radebrechend geradeaus, rechts und links auf Chinesisch sagen kann: you mian, zuo mian, zhi xing. Das hat mich schon öfters ganz gut durch den Pekinger Verkehr navigiert. Und wenn das alles nichts hilft, dann mein Tipp: einfach per Handzeichen dirigieren. Das klappt immer. Auch wenn man schon mal eine Ecke früher oder später abbiegt.
Wenn es dann endlich mal losgeht, gibt es bei den Taxifahrern drei Typen. Der erste Typ, Modell Kamikaze, klebt auf dem Gaspedal fest, überholt rechts und links und scheint sich der Gefahr eines Unfalls nicht im Entferntesten bewusst zu sein. Bei einer dieser Fahrten rutschte ich mal nachts vor lauter Angst immer tiefer in den Sitz. Ich empfand eine richtige Sogwirkung wie bei einer Rallye. Der Fahrer düste bei schlechter Sicht und Gewitter im Wahnsinnstempo auf jeden Vordermann auf, küsste beinahe die Lichter. So, als ob er auf Großwildjagd wäre. Und machte dann noch waghalsige Überholversuche und riss das Auto bei jeder Ausfahrt von ganz links aussen nach ganz rechts. Diese Fahrt hat mich am Ende 100 Yuan gekostet und mindestens gefühlte zwei Jahre meines Lebens.
Typ Nummer Zwei ist der Schleicher. Er tritt meist auf die Bremse, auch wenn es nichts zu bremsen gibt. Muss aber bei jedem Stopp gewaltsam die Handbremse ziehen. Bis es kracht. Und mit einem Ruck wird man automatisch rückwärts in den Sitz geschleudert. Gurte gibt es zwar, aber die funktionieren nicht, klemmen meist unterm Sitz fest. Mir tut dabei die Handbremse manchmal richtig leid. So hart, wie sie gezogen wird, müsste sie doch bald aus dem Gestänge reißen, denke ich jedes Mal. Oder sie landet in der Hand des Fahrers? Aber das ist zum Glück noch nie passiert.
Und dann gibt es den Fahrertyp Nummer Drei. Der Gemütliche. Der sein klappriges Taxi langsam im Fluss des Verkehrs voran rollt. Wie ein Schiff navigiert. Beinahe vor sich her schiebt. Meistens lautstark beschallt von den Klängen einer Pekingoper, die für europäische Ohren doch sehr fremd klingt. Der gemütliche Fahrer hat kein Problem damit, wenn mal eben so aus dem Nichts ein elektrisches Rad oder ein klappriges TucTuc von Rechts, Links oder von Vorne daherkommt. Im Einklang mit sich und seiner Musik rollt er einfach weiter. Er schwebt schon beinahe. Und schafft es auch noch währenddessen in Ruhe zu telefonieren. Das allerdings so laut, dass man auf den billigen Plätzen dahinten jedes Wort mitkriegt. So als ob man den Hörer selber am Ohr hält.
Alle drei Fahrer-Typen haben eines gemeinsam. Sie bringen mich jedes Mal an mein Ziel. Und ich freue mich immer wieder, dass Taxifahren hier so preiswert ist im Vergleich zu Europa. Für eine Strecke von etwa einer halben Stunde zahle ich umgerechnet 80 Yuan. Das sind gerade mal zehn Euro. Für mich ist das gut. Für die Taxifahrer nicht so gut. Die verdienen gerade einmal 220 Yuan am Tag. Das sind umgerechnet 25 Euro.